The Forum

Es schien, als ränkelte sich ein weisser Nebel oder ein schwammiges Licht um die Stadt und diese verschlang.
Kirin, der immer noch das Gebet sang, konnte ihr auf ihre Frage keine Antwort geben. Noch nicht. Das Licht hatte nun auch den Turm erreicht und es verschlang auch die anwesenden Personen. Es fühlte sich warm an und auch wenn Tilina noch immer etwa Angst hatte, fühlte sie sich wohl in diesem Licht.
Überraschend hörte Kirin mit seinem Gesang auf. Das Licht verblasste gleichzeitig und Tilina erblickte einen blauen Himmel, in dem sich einige weisse Wolken befanden.
"Wir sind in einer anderen Welt, hier kann sie uns vorerst nicht finden und wir können uns gegen sie rüsten", erklärte ihr Kirin, der sich erschöpft auf den Boden setzte. Die magische Lichtkugel verschwand teilweise, nur noch ein Bruchstück der ursprünglichen Magie war vorhanden.

Einer der Engel kam zu Kirin und kniete vor ihm nieder. "Ihr habt euch überanstrengt." Der Erzengel wurde zu seinem Haus gebracht und Tilina wanderte wenig später durch die Stadt. Es waren keine Spuren von den Bränden zu sehen, es war als hätte es den Angriff nie gegeben. Sie dachte über alles nach was sie gesehen hatte und lächelte bitter bei dem Gedanken, dass die Menschen aus ihrer Welt einer Lüge folgten. Sie seufzte. "Gibt es denn keine Möglichkeit, dass alles wieder normal wird? Und wie kann ich den Engeln und Kirin helfen?" dachte sie leise.

"Natürlich gibt es eine Möglichkeit, mein liebes Kind", lächelte Ilesia plötzlich hinter ihr. "Es gibt eine Möglichkeit?", fragte Tilina ungläubig und wandte sich um. Sie hatte sich noch nicht so recht an das helle Licht in dieser Welt gewöhnt und konnte noch nicht so gut sehen.
"Ja, es gibt eine Möglichkeit. Wir wissen, dass die Göttin in dieser Welt zur Göttin wurde, vorher war sie eine Sterbliche. Wenn du das Geheimnis um die göttliche Offenbarung lüftest, könntest du ihr entgegen treten, als gleichwertige", sagte sie und drückte ihr eine Tasse Tee in die Hand.
"Die göttliche Offenbarung?", fragte Tilina verwirrt. "Ja, der Weg zum Göttlichen. Eines der Geheimnisse dieser Welt ist die göttliche Macht. Wenn wir sie erlangen können, können wir die Göttin stürzen", führte sie aus. Aber dann weitete sie ihre Augen vor Schreck. "Huch, ich Dummerchen! Ich hätte dir das doch gar nicht sagen dürfen!"

"Du kannst es nicht lassen oder?" meinte Kirin ernst hinter dem Engel. Dieser fuhr erschrocken zusammen. "ich sollte eigentlich mich ausruhen aber als ich hörte, dass du nicht zu hause bist, musste ich nachsehen, dass du keine Dummheiten machst."
"Verzeiht Mylord."
Tilina lief rot an, weil sie sich ertappt fühlte und weil sich ihre Augen an das Licht gewöhnten und sie Kirin in einem anderen Licht sah. "Sie hat doch gar nichts gesagt!" versuchte die junge Frau Ilesia zu verteidigen.
"Das mit dem Göttlichen ist tabu den sterblichen gegenüber und du weißt es genau Ilesia."
"Verzeiht Mylord."

"Warum ist es tabu, Kirin", fragte Tilina neugierig, aber er winkte nur ab. "Der Preis für die Göttlichkeit ist zu hoch"
Ilesia hatte sich entschuldigend verzogen und die beiden standen nun alleine da. "In welcher Welt befinden wir uns denn überhaupt?", fragte sie leise um vom Thema abzulenken.
"Wir befinden uns in Origia, der Urwelt. Aus dieser Welt entstammen die anderen Welten", erklärte ihr Kirin immer noch leicht gereizt.
Er mochte ja Ilesia schon, aber ihr Maul war oft einfach zu lose.

Tilina sah sich um und erblickte am Himmel die Sonne. "Diese Welt ist so friedlich..." seufzte sie. Sie sah wieder zu Kirin und lief wieder rot an. Sie schüttelt den Kopf. Sie sah wieder zu dem Erzengel. "Sag mal Kirin... wie lange lebst du schon?" Sie stellte die Frage um sich abzulenken und aus Neugierde. "Und wie lange kann ein Engel und ein Erzengel leben?"

"Engel leben bis sie den Tod durch die Klinge erfahren", erwiderte der Erzengel nur. "Wie auch immer... Wir sollten nun wieder nach Hause gehen. Ich benötige etwas Ruhe", fügte er hinzu und die beiden gingen wieder zu ihnen nach Hause, wo Ilesia bereits Tee kochte.
Kirin seufzte, liess sie aber gewähren. Wenn er sie vorhin zur Vernunft gebracht hatte, würde sie schon nicht gleich wieder solch einen Unsinn erzählen. Er zog sich in sein Gemach zurück.
Tilina blickte die immer zu Tee kochende Ilesia neugierig an.

Kirin lag auf dem Bett und hatte die Augen geschlossen aber er schlief nicht. Er dachte über Ilesias Worte nach und er wusste, dass sie recht hatte aber er würde keinen Menschen diese Last auf bürgend, geschweige denn einem Engel. er setzte sich halb auf und sah wieder zu dem Kinderbett. Und dieses mal huschte ein sanftes Lächeln über seine Lippen. Es war zwar von Trauer getränkt aber es wurde ein kleines bisschen leichter für ihn. Er ließ sich wieder aufs Bett fallen und schloss die Augen.

Tilina sah zu Ilesia. "Das Göttliche?"

"Ja, genau, meine Liebe", lachte Ilesia und brachte ihr einmal mehr eine Tasse Tee. Danach brachte sie noch Kekse und setzte sich neben dem Mädchen hin.
"Es gibt in dieser Welt eine Höhle, in der man Göttliche Macht erlangen kann. Man muss die Prüfungen des Schreckens bestehen, aber das schaffst du schon", lächelte Ilesia und knapperte an ihrem Keks.
Tilina, welche nichts knapperte, war verwirrt. "Die Prüfungen des Schreckens?"
Ilesia, die sich gerade mit einem Tuch den Mund putzte um anschliessend einen neuen Keks zu nehmen, nickte eifrig. "Ja, genau, Prüfungen des Schreckens. Man weiss nicht, was es für welche sind, aber es gibt sie."
Die beiden schwiegen etwas, bis Ilesia wieder das Wort nahm: "Mir kommt eine vortreffliche Idee! Komm, lass uns diese Höhle suchen gehen. Kirin müssen wir noch nicht einweihen, der ist ja sowieso immer gegen meine höchst genialen Ideen!"

"Ich weiß nicht." zögerte Tilina. "Ich meine, wenn Kirin dagegen ist, dann doch nicht ohne Grund."
"ach komm! Du bist doch nicht feige! Außerdem willst du diese falsche Göttin weiterhin hier rum rennen lassen?"
"Nein aber.."
"Nichts aber! Kirin leidet Qualen seit dem Tod seiner Familie und wenn du eine Göttin werden würdest, könntest du seine Schwingen heilen."
"Könnte ich?"
"Ja könntest du. Weißt du seine Flügel wurden von ihr gebrochen als sie feststellte, dass er sie noch immer nicht liebte nachdem sie seine Familie tötete. Diese Wunden heilen nicht, weil sie göttlicher Herkunft sind."
Tilina dachte über diese Worte nach. Sie hatte Kirin in der Schlacht gegen die Göttin, als seine Familie noch lebte, und vorhin kämpfen sehen. Er war stolz und wollte sein Volk beschützen aber sein Zustand machte dies fast unmöglich. Sie sah zu Ilesia. Selbst eine Göttin werden? War dieser Zustand ewig? Tilina wollte nicht für immer eine Göttin sein. Sie seufzte leise. "Ok, lass uns!"

Kirin war der weile eingeschlafen und dieses mal war sein Schlaf nicht durch Alpträume heimgesucht.