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 Betreff des Beitrags: Kreuzjäger
BeitragVerfasst: So 30. Mai 2010, 15:47 
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Sternenmeer
Sternenmeer

Registriert: So 30. Mai 2010, 15:24
Beiträge: 34
Hallo, was geht?
Ich wollte hier auch mal eine meiner Storys verewigen. Das dumme an der Sache ist nur, dass ich bislang nur monatlich dazu komme ein Chapter zu schreiben. Aber ich dachte mir, ich riskiere es mal, vielleicht kommt ja etwas mehr leben in das Forum. :P

Der Titel lautet Kreuzjäger. Es handelt von einem Jungen in meiner fiktiven Welt "Reda". Reda ist ein erdähnlicher Planet, mit verschiedenen Kontinenten. Auf dem Kontinent Fillos findet diese Geschichte statt. Der Kreuzjäger ist ein ausgedienter Verbrechensbekämpfer in einer urtümlichen Zeit voller Mysterien, Wunder und all dem Alltagskram, dem einem jungen Mann der mitten in der Entwicklung steckt, widerfährt. Vorraussichtlich hat dieses Buch noch kein Ende, weil mir immer wieder was neues einfällt, aber genug der Worte, habt Spaß mit dem ausgedienten Hoffnungsträger Fillos: Der Kreuzjäger!


"Wie hätte ich jemals wieder nach Hause zurückkehren können? Dein Vater wurde gefangengenommen und alle ehrbaren und aufrichtigen Krieger Pheraes starben in dem Versuch, ihn zu beschützen... alle, außer mir."
~ Harken


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Verfasst: So 30. Mai 2010, 15:47 


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 Betreff des Beitrags: Re: Kreuzjäger
BeitragVerfasst: So 30. Mai 2010, 15:49 
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Sternenmeer
Sternenmeer

Registriert: So 30. Mai 2010, 15:24
Beiträge: 34
Kapitel 1
Part 1/2

Die betrunkene Legende

„Bist Du der, den sie den Kreuzjäger nennen?“
Müde erhob der Angesprochene seinen Kopf von dem Tisch, auf dem nicht nur Scherben lagen und Bier verschüttet war, sondern auch seine Breche bereits anfing zu verkrusten.
Er blinzelte benommen und gewahr eine junge Frau, sowie fünf sehr schwer bewaffnete Männer in ihrer Begleitung. Der Mann, den sie den Kreuzjäger nannte, lächelte und wischte sich seine Müdigkeit aus den Augen. „Und wer bist Du?“
Sie straffte sich und erhob ihre Stimme, die fester war, als er es ihr zuerst zugetraut hatte. „Ich bin Miranda zu Stubben, oberste Generälin der Armee Helias.“
Er schüttelte amüsiert den Kopf. „Es ist mir eine Ehre.“
Ohne große Umschweife kam sie direkt zum Thema. „Im Namen der Krone seid ihr hiermit verhaftet.“
Der Kreuzjäger lachte auf. „Ist es schon so weit... Wie schnell doch die Zeit vergeht.“
Die fünf Soldaten ergriffen ihn, doch das wäre nicht nötig gewesen. Der Kreuzjäger war nicht mehr gewillt, sich noch weiter zu wehren, sich weiter zu verstecken, weiter zu reisen...
Miranda blickte ihn mitleidig an, doch ihre respektvolle Erscheinung blieb unbeirrt bestehen. „Abziehen, Männer!“

In dem Kerker stank es entsetzlich nach dahinvegetierenden Gefangenen, Exkrementen und abgestandener Luft. So hatte der Kreuzjäger sich sicher niemals sein Ende vorgestellt, aber er hatte sich dafür entschieden.
Er griff nach einer kleinen Urne, die neben einem vertrocknetem alten Brot stand, und führte sie an seine Lippen. Angewidert spuckte er das klare Wasser wieder aus.
„Was ist nur aus Dir geworden?“
Der Kreuzjäger blickte auf und gewahr die respektvolle Gestalt Mirandas vor den Gitterstäben. Sie blickte traurig auf ihn herab. „Einst warst Du ein Held... Und jetzt sitzt Du im Gefängnis.“
Der Kreuzjäger gluckste amüsiert. „Zeiten ändern sich, wisst ihr?“
Die Generälin öffnete die Pforte seiner Zelle und trat hinein. Unzeremoniell legte sie ihre Rüstung ab und streckte ihre Gliedmaßen. „Es ist anstrengend jeden Tag diese Rüstung zu tragen.“
Der Kreuzjäger führte noch einmal seine Flasche an den Mund, in der Hoffnung nun doch etwas Alkohol darinnen zu finden, doch der Geschmack blieb weiterhin derselbe. „Was wollt ihr, zu Stubben?“
Sie seufzte entspannt und setzte sich. „Bitte, nenne mich doch Miranda.“
Der Kreuzjäger atmete tief durch und blickte trübsinnig auf seine Flasche. „Was wollt ihr, zu Stubben?“
Sie verschränkte ein wenig beleidigt die Arme und fasste dann ihre Worte. „Eure Geschichte... ich möchte eure Geschichte hören.“
Er rieb sich die Augen. Er hatte damit gerechnet, dass man ihn verhören würde, doch für den Moment wollte er einfach nur alleine sein und jede Nähe einer anderen Person vermeiden, geschweige denn mit ihr kommunizieren. „Meine Geschichte...“
Er sah zu ihr und erkannte ihre noch sehr jungen Züge. Sie hatte gerade mal 20 oder 21 Winter gesehen, doch mindestens doppelt so viele Schlachten. Ihr blonden Haare hatte sie zusammen gesteckt. Ihre blauen Augen hatten sicherlich viele gute Männer und Freunde fallen sehen, so trüb, wie sie leuchteten.
Beizeiten sah er auch nicht besser aus. Auch wenn er auf sein Äußeres kein Einwirken hatte. „Warum sollte ich sie euch erzählen?“
„Ein Kreuzjäger kämpfte auch auf der Seite meines Vaters.“ Sie beugte sich vor und musterte sein junges Gesicht, welches frei von Bartstoppeln, verfetteten Haaren und Pickeln sowie Plusteln war. „Doch euer Vater war kein Kreuzjäger. Zumindest hielt er nicht den Titel.“
Der Kreuzjäger schmunzelte. „Natürlich nicht, man gab mir einst den Titel.“
„Wie alt seid ihr?“
Sein Lächeln verflog sich und eine kalte Gleichgültigkeit machte sich auf seinem Gesicht breit. „Glaubt nicht, nur weil man von mir schon in der Vergangenheit sprach, dass ich unsterblich bin. Auch mein Leben geht zu Ende. Ich bin genauso sterblich, wie Ihr es seid, General.“
Einen Moment herschte Stille in der Zelle, als sie dann das Schweigen brach, indem sie sich missmutig wieder an die Wand lehnte. „Du wirst noch sehr lange Dein Dasein in dieser Zelle fristen, also kann ich Dir nur empfehlen, ein wenig offener zu sein.“
Er konnte sich längst nicht mehr an all diejenigen erinnern, für die er einst gekämpft hat und wiederum nicht. Man hatte ihn über Jahre hinweg gesucht, bis er dann des Fliehens überdrüssig wurde und sich in einer Kneipe zurückzog. Ohne den geringsten Verdacht prellte er Nacht für Nacht die Zeche, bis ihn jemand erkannt hatte. Der Verräter hatte eine Wunde auf dem Handrücken, die er nur zu gut kannte. Dass aus ihm allerdings ein Kaufmann geworden war, das konnte er nicht verstehen.
Zeiten änderten sich...
Miranda meldete sich unvermittelt zu Worte. „Ich habe den Titel von meinem Vater vererbt bekommen.“
„Ich weiß.“
Sie sah zu ihm und blinzelte ein wenig abwesend. „Wie war mein Vater?“
Er sah zu Boden. Ihr Vater? Er war ein närrischer Feldherr gewesen, der geglaubt hatte, die Elfen vernichten zu können. Am liebsten hätte er ihr die Wahrheit ins Gesicht gesagt, doch irgendwas in ihm beschwor ihn, eben dies zu unterlassen.
Stattdessen blickte er aus der Zelle. „Er war ein Mann, der für seine Träume gekämpft hat.“
Sie blickte nach einigen Momenten resigniert lachend auf den Boden. „Also doch so schlimm?“
Er nahm sich seine Urne und führte sie sich an die Lippen. Es war immer noch kein Wein drinnen.
Sie lehnte sich zurück. „Wie war Dein Vater?“
„Ich verachte ihn.“
Sie schluckte. Damit hatte sie nicht gerechnet. Ihr Versuch, das Gespräch aufzulockern, scheiterte, was sie quittierte, indem sie das Thema wechselte. „Ich habe die Geschichten gelesen. Ich weiß, warum man Dich den Kreuzjäger nennt.“
Er winkte ab. „Ich auch, Du brauchst mich jetzt nicht daran zu erinnern.“
Sie nickte. „Erzähl mir davon. Die Geschichten sind zu diffus.“
Ein wenig neugierig blickte er nun auf. „Was erzählen sie denn so?“
Sie lächelte triumphierend und ein wenig erfreut, dass er sich ihr aufschloss. „Dass ihr die Ungerechten bestraft habt und das Land von seinen Unholden befreit habt, soweit ihr dazu in der Lage wart.“
Nun musste der Kreuzjäger lächeln und das diesmal nicht aus Selbstgefälligkeit. „Das erzählen sie?“
„Und natürlich, dass ihr auch viele unschuldige Menschen auf dem Gewissen habt...“
Er blickte ihr in die Augen. „Nun... es ist wirklich nicht die ganze Geschichte. Das gebe ich zu.“
Sie schluckte und stellte ihre Frage, als würde man seinen Großvater darum bitten einem seine Anekdoten zu erzählen. „Erzählst Du mir Deine Geschichte?“
Er atmete tief durch und schloss die Augen. Sie war schon eine sonderbare Frau... Er hätte nicht damit gerechnet, auf diese Weise ausgefragt zu werden. Viel mehr hatte er sich bereits auf einer Folterbank gesehen, gestreckt, wahrscheinlich sogar schon gevierteilt, mit einem unheilvollen Zauber am Leben erhalten, der jedes Wort aus ihn heraus quetschte. „Als General seid ihr sicher schwer beschäftigt.“
Sie schien ein wenig entrüstet zu sein. „Die Pflichten, die ein General zu erledigen hat, beschränken sich nicht auf das Aufgabenfeld eines Feldwebels, welcher diese ebenfalls erledigen kann, wenn er zur Stelle ist.“
„So wie meine Gefangennahme?“
Sie trug den Titel des Generals gewiss erst seit einigen Wochen. Ihre Art ihre Gefühle auf ihren Gesicht offen zu tragen, verriet ihre Unsicherheit. Der Kreuzjäger fing langsam an sich mit dem Gedanken anzufreunden.
Ein sanftes Lächeln flog über sein Gesicht. „Meine Geschichte beginnt mit meinem sechszehnten Geburtstag.“
Interessiert hörte sie zu. „Sechszehn?“
Er nickte. „Damals war ich volljährig und bereit der Armee beizutreten.“
Sie lächelte. „Also seid ihr doch ein Diener der Krone gewesen.“
„Ich diente einzig mir selbst und das nur aus einem Grunde...“
Als das darauffolgende Schweigen zu lang wurde, fragte sie schließlich. „Aus welchen Grund?“
Der Kreuzjäger blickte einen Moment auf den Boden. „Nennt mich Red, Miranda.“

*


„Red? Red!“
Red saß diesen Morgen auf einer Bank des Bauernhofes und sah nachdenklich in den Morgendunst. Die Stimme seiner kleinen Schwester ließ ihn allerdings aufhorchen. Die Miene noch immer in Gleichgültigkeit versunken, blickte er zu ihr. „Dango...“
Sie war fünf Jahre jünger als er und hatte dieselben schwarzen Haare und blauen Augen, wie er. „Was führt Dich, Schwester?“
Sie schmollte verdrossen, als sie vor ihm stehen blieb. „Dein Geburtstag...“
Red blickte langsam wieder in den Morgendunst. Das stimmte, heute war es soweit. Heute war der Tag, an dem er die Volljährigkeitsalter erreichte. Heute war der Tag, an dem er den Segen seiner Familie empfing und von einem Hauptmann auf persönlichen Geleit zur Armee geführt wurde.
Dango stupste ihn in die Seite. „Hallo...?“
Red sah an sich herab und dachte nach. War er dafür bestimmt, der Armee beizutreten? War es sein wahres Schicksal ein weiterer Soldat zu werden, der für die Königin in den Krieg ritt? Er konnte sich eine Menge vorstellen, doch nicht sein Leben der Krone zu verkaufen.
Red stand auf und ging in Richtung des Bauernhauses. Dango trat ein wenig Erde weg, um ihren Frust auszulassen, doch Red ließ das kalt. Er wollte nun seine Mahlzeit einnehmen, seine letzte Mahlzeit.
Dango rannte trotzig neben Red und klammerte sich an seinen Arm. Ein wenig verwirrt sah er hinunter, als er erkannte, dass Dangos Augen feucht wurden. Sie zerrte an ihm. „Ich will nicht, dass Du gehst. Du bist mein Bruder!“
Red stand ungläubig da. Als er langsam die Situation begriff löste er sich sanft aus ihrem Griff und bückte sich zu ihr. Lächelnd legte er seine Hand auf ihren Kopf und streichelte ihn, während Dango immer mehr Wasser aus Augen und Nase verlor. „Nana, Schwester. So verzweifle doch nicht.“
Sie schniefte und wischte sich die Tränen weg. „Ich verzweifle nicht...“
Dango war für Red eine der wichtigsten Personen in seinem Leben. Er hatte jeden bestraft, der sich ihr gegenüber grob verhalten hatte. So wie seine anderen Brüder aus seiner Familie stand er immer hinter ihr und schützte sie mit seinem Leben... doch sobald einer ihrer Brüder die Familie verließ, ging für Dango eine Welt unter, die sich nur schwer wieder zusammensetzen ließ.
Red sprach weiter. „Wenn ich den Hof verlassen habe, dann musst Du hier auf alles aufpassen. Glaubst Du, Du schaffst das?“
Sie verkrampfte ihr Gesicht. Nun konnte sie nichts mehr an sich halten. Sie breitete ihre Arme aus und warf sich um den Hals von Red. Vollkommen aufgelöst weinte sie Bäche von Tränen in seine Schulter. „Du darfst nicht gehen!“
Red erwiderte ihre Umarmung. Einen langen Moment verbrachten sie in dieser Haltung. Dango auf Zehenspitzen, Red auf Knien. Er hätte sich am liebsten gewünscht für immer mit seiner Schwester zusammen zu sein, doch dieser Wunsch konnte niemals in Erfüllung gehen.
So trennte er sich aus ihrer Umarmung und erhob sich wieder. Dango sah nun traurig auf den Boden. Sie war ein starkes Mädchen. Red war sich sicher, dass sie einmal eine großartige Frau werden würde.
Als er auf das Haus zuging, hörte er die Stimme seiner Schwester. „Red... ich hab Dich lieb.“
Er blieb stehen. Seine Fäuste ballend versuchte er gegen den Drang anzukämpfen, zu weinen. Er würde seine Heimat verlassen, seine Familie und seine Schwester. Ihm fiel eine Träne zu Boden, als er erwiderte. „Ich Dich auch, Dango.“
Mit diesen Worten ging er in das Haus.


"Wie hätte ich jemals wieder nach Hause zurückkehren können? Dein Vater wurde gefangengenommen und alle ehrbaren und aufrichtigen Krieger Pheraes starben in dem Versuch, ihn zu beschützen... alle, außer mir."
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 Betreff des Beitrags: Re: Kreuzjäger
BeitragVerfasst: So 30. Mai 2010, 15:50 
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Sternenmeer
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Registriert: So 30. Mai 2010, 15:24
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Part 2/2

Um ihn herum saßen seine Familienmitglieder. Sein Vater an der Spitze des Tisches, seine Mutter neben ihm. Neben Red seine beiden Brüder Maddy, ein Zauberer, der ebenfalls für die Krone kämpfte und Zoid, ein Söldner, der schon in jungen Jahren die Klinge zu meistern vermochte.
Maddy hatte mittlerweile fünfundzwanzig Winter gesehen und seine Ausbildung zum Zauberer abgeschlossen. Er war es, der Red heute zum Reich leiten sollte, um ihn dort ebenfalls zu einem Zauberer auszbilden.
Zoid, der schon zwanzig Winter gesehen hatte, ließ sich ein Jahr als Soldat ausbilden und kämpfte darauf zwei Jahre lang unter der Krone. Er dankte daraufhin ab, um sein weiteres Leben als Söldner zu verbringen.
An Red lag es nun den Weg des Zauberers zu gehen, wie es in Helias der Brauch war. Sein Vater erhob sich und breitete die Arme aus. „Meine Familie und Freunde.“
Angesprochene blickten auf und sahen zu ihren Lehnsherrn und Familienvater. „Heute ist ein bedeutender Tag. Heute“ er deutete dabei auf Red, der der Rede gleichgültig lauschte. „wird mein Sohn, euer Bruder und Freund, Red Liwer, aufbrechen und den Titel Red von Liwer antreten, so wie ich, Maddy und Zoid es unsererzeit getan haben.“
Zu allen Seiten entstand Beifall. Zoid klopfte ihm unvermittelt auf die Schulter. „Das ist Dein Tag, Bruder.“
War es das wirklich? Oder war es nur der Tag seines Vaters? Ein weiterer Tag, auf den er stolz sein konnte, da sein Name mehr an Einfluss gewann.
Seinerzeit war sein Vater ein großartiger Krieger gewesen. Ganze zwanzig Jahre lang diente er für die Krone, als ihn ein Schuss die Achilles Sehen durchtrennte und er für den Rest seines Lebens damit gepeinigt war, ein Krüppel zu sein.
So setzte er auch dieses mal seinen Gehstock auf den Boden und trat um den Tisch herum. „Mein Sohn. Heute ist der Tag, vor Deiner Abreiße. Ein letztes Mal sollst Du mit uns feiern, ehe Du aufbrichst glorreichen Tagen entgegen.“
Hunderte von guten Männern verloren bei zahlreichen Schlachten ihr Leben. Nur weil seine beiden Brüder und sein Vater länger überlebten als sie, waren sie in den Augen der Königin mehr Wert als die Gefallenen. Leere Titel trugen sie.
Sein Vater, zu Liwer, sein Bruder Maddy ebenfalls zu Liwer und sein anderer Bruder Zoid von Liwer, da er nicht lange genug für die Krone diente. Nun sollte auch er schon am morgigen Tage einen leeren Titel tragen, nur um der Welt zu beweisen, dass er ein wenig wichtiger war, als all die anderen, die dort draußen ihr Leben ließen...
Sein Vater griff nach seinen Schultern und küsste ihn auf die Stirn. „Ab heute bist Du kein Kind mehr. Ab heute bist Du ein Erwachsener, ein Mann, der bereit ist, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen.“
Ein Leben, welches er selbst in die Hand nehmen konnte... Er wollte kein Zauberer werden. Seit jeher war es sein Wunsch gewesen, so zu werden wie sein Bruder Zoid. Ein freier Mann, der selbst entscheiden konnte, für wen er unter welchen Voraussetzungen arbeitete.
Unvermittelt stand Red auf und entfernte sich von dem Tisch. „Ich danke euch, Vater... gewährt mir nun die Ruhe, die ich benötige.“
„Sie sei Dir vergönnt, mein Sohn.“ hob sein Vater stolz an. „Er hat das Wort gelernt... genauso wie es ein Zauberer zu führen vermag!“
Als Red den Raum verlassen hatte, erhob sich Maddy ebenfalls. „Ehrwürdiger Vater, gestattet mir meinem Bruder seelischen Beistand zu leisten, ehe er die Wege seines Schicksals beschreitet.“
Sein Vater nickte. „Es ist sogar mein Wunsch.“

Red rammte seine Faust auf den Tisch und atmete hektisch. „Das ist nicht fair!“
Er würde sich entscheiden müssen, von hier zu fliehen. Sein Bruder würde ihm sicher verzeihen können, bei seinem Vater war er sich nicht so sicher...
Aber er konnte es nicht. Er konnte kein Zauberer werden, das war nicht sein Wunsch gewesen. Es gab dort irgendetwas tief in seinem Inneren. Ein tiefer urtümlicher Gedanke, dass all das hier nicht das war, wofür er geschaffen war. Dass alles - dies alles hier - nur eine große Lü...
An seiner Tür klopfte es. Erschrocken drehte er sich zu ihr herum. „Ich wünsche Ruhe.“
Von draußen drang die vertraute Stimme seiner Schwester herein. „Ich bin es Bruder...“
Dango...
Er schritt unvermittelt auf die Tür zu und öffnete sie. Sie sah so aus, als hätte sie eine Menge Zeit gebraucht, um sich zu überwinden, anzuklopfen. Red erkannte, dass sie etwas vor ihm versteckte.
Er duckte sich zu ihr und sah in ihre großen Augen. „Was führt Dich zu mir, Schwester?“
Sie wankte ein wenig und sammelte dann ihren Mut zusammen, um ihm etwas zu geben. Als Red genauer hinsah, erkannte er eine aus Holz geschnitzte Sonne. Sie war das Zeichen Innis, der Göttin des Feuers, der Sonne und all der Wärme, die von ihr ausging.
Ungläubig nahm er das Stück Holz an sich, was an einem Band befestigt war. Sie war sehr glücklich, als er es um seinen Hals legte. „Das bringt Dir Glück!“
Sie würde ihn sehr vermissen, so wie er sie bereits vermisste. Sanft legte er seine Hand auf ihre weiche Haut und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Sie ließ es über sich ergehen und sah dann fröhlich zu ihn auf. „Du magst es!“
Er legte seine Hand auf ihren Kopf. „Glaubst Du, ich kann mein eigenes Schicksal finden?“
Sie nickte eifrig. „Du bist schlau und weißt, was Du willst.“
„Glaubst Du, ich sollte ein Zauberer werden?“
„Als Zauberer musst Du lernen, dass Du vieles Leugnen kannst, doch nicht das, was Dein Herz Dir sagt.“
Das sagte nicht Dango. Er blickte den Gang herab und erkannte seinen Bruder Maddy, der mit seinem Zaubererstab und seiner weiten roten Robe respektvoll vor ihm stand. Er lächelte ihm zu. „Als ich einst den Weg des Zauberers einschlug, lebte ich für diesen Traum. Es war mein größter Wunsch, der sich erfüllt hat.“
Dango grinste breit, als sie ihren anderen Bruder erkannte. „Maddy!“
Red allerdings erhob sich langsam und stellte sich ihm gegenüber. „Es war Dein größter Wunsch?“
Maddy nickte. „Damals flüsterte mir eine Stimme, dass es meine Bestimmung sei. Ich weiß nicht, woher diese Stimme kam, doch sie riet mir, diesen Weg einzuschlagen. Heute vermute ich, dass Innis selbst mir dazu riet.“
Red biss sich auf die Lippe. „Das wusste ich nicht...“
Maddy nahm Dango in den Arm, die auf ihn zugestürmt war. „Wir sind eine Familie, doch auch ich habe meine Geheimnisse, genauso wie Dango sie hat und Du.“
Dango meuterte einen Moment in seiner Umarmung und befreite sich von ihm. „Stimmt doch gar nicht!“
„Und was ist mit den Bogen, den ich gefunden habe?“ Er blinzelte ihr zu.
Erschrocken straffte sie sich und rannte sofort den Gang runter. Da Dango nach Kevin, auf die Welt kam, musste auch sie den Weg des Zauberers einschlagen. Kevin war zwei Jahre jünger als Red und somit verpflichtet den Weg des Kämpfers einzuschlagen, wie es seit jeher Brauch in der Familie der Liwers war.
Dass Maddy auf einen Bogen ansprach, bedeutete, dass sie sich nicht dafür entscheiden würde, ein Zauberer werden zu wollen.
Als Dango den Gang verlassen hatte, blickte Maddy nun um einiges ernster zu Red. „Bruder...“
Red schluckte. „Bruder...“
Eine zeitlang sahen sie sich an, als Maddy dann Tränen in die Augen stiegen. „Was ist Dein Weg?“
„Ich werde ein Meister der Klinge, wie unser Bruder Zoid.“
Maddy nickte. „Sowas habe ich mir bereits gedacht.“
Was meinte sein Bruder damit? Wie konnte er sich soetwas denken? Er hatte nie zuvor mit irgendjemanden darüber gesprochen.
Maddy holte tief Luft. Es schien so, als hätte er sich schon lange auf diesen Moment vorbereitet. „Wir haben gehofft, Du würdest Dich für den Weg des Magiers entscheiden, doch ich habe schon seit Du geboren wurdest geahnt... nein, gewusst, dass Du ein Krieger werden würdest. Ein Mann der Klinge.
Dein Herz liegt nicht in der Tradition unserer Familie, weil Du tief in Dir weißt, dass es noch mehr gibt, als nur diese Tradition. Stimmt es nicht, Bruder?“
Red schluckte, als er das aussprach, was er tief in seinen inneren jeden Abend vor sich führte. Er verschmähte die Tradition. „Wie...?“
Sein Bruder ging auf ihn zu. „Die Wahrheit ist, dass es wirklich mehr gibt, als nur diese Tradition und diese Familie... es gibt dort draußen eine ganze Welt.“
Auch wenn Maddy ihm etwas sagte, was jedes Kind wusste, fühlte er, wie er tief in seinem Inneren aufgewühlt wurde. So als verlange sein Geist nach einer Antwort auf eine Frage, die er sich selbst noch nie gestellt hatte. „Was gibt es dort draußen...?“
Maddy legte seine Hand auf Reds Schulter. „Dort draußen gibt es etwas, was Dir zeigen wird, wofür Du bestimmt bist. Etwas, was Dir zeigen wird, was Du tief in Deinem Herzen warst, bist und immer sein wirst.“
Red versuchte diese Worte zu verdauen. Aus dem ersten Impuls heraus fragte er: „Hast Du auch danach gesucht?“
Er schüttelte den Kopf. „Nein, es fand mich.“
Red erinnerte sich, wie Maddy ihm eben selbst sagte, dass eine Stimme ihm den Weg wies. „Aber Vater wird...“
„... Dir verzeihen.“, beendete Maddy den Satz.
Red schluckte. „Also soll ich... einfach gehen?“
Maddy nahm die Hand wieder herunter. „Wir brechen morgen früh auf. Was Du bis dorthin für Dich entschieden hast, liegt einzig in Deiner Hand.“ Er wandte sich um und ging den Gang wieder zurück. „Doch eines möchte ich, dass Du weißt.“
Red stiegen die Tränen in die Augen. Maddy sah ihn mit einem brüderlichen Lächeln an. „Egal, was Du dort draußen findest. Vergesse niemals, dass wir Deine Familie sind. Egal, was Du dort draußen findest, hast Du verstanden? Wir sind Deine Famile.“
Red nickte ihm ein letztes Mal zu.

*

Der Kreuzjäger sah auf das hölzerne Emblem, was ihm noch immer über die Schulter hing. „Und an jenem Abend entschloss ich mich, davon zu rennen.“
Miranda hatte bis hierhin still zugehört, doch nun erhob sie die Stimme. „Ich kenne diesen Maddy nicht... ist er ein Zauberer unseres Reiches?“
Er drückte die Sonne fest in seiner Hand. „Natürlich kennst Du ihn nicht. Er ist schon seit langem Tod.“
Sie schluckte und ließ den Kopf hängen. „Entschuldige, ich wollte nicht...“
Es war lange her, seit er das letzte mal sich einer Frau so öffnete. Erst in diesem Moment fiel ihm auf, dass er sie gedutzt hatte. Für gewöhnlich wurde jeder Bürger dafür bestraft. Doch so wie Miranda dort vor ihr saß, ohne Rüstung und ohne Titel direkt vor ihr in einer Zelle, dachte er sich, dass sie nun nicht mehr war, als er in diesem Moment.
Miranda biss sich auf die Lippe und sah dann wieder zu ihm. „Du hast Deinen Bruder sicher sehr geliebt.“
Er nickte, doch lächelte nicht dabei. „Er sagte es mir mit seinen Worten. Er sagte, ich solle die Familie nicht vergessen.“ Er legte seinen Kopf in seine Hand. „Ich Narr habe sie vergessen... Ich habe sie sogar verleugnet.“
„Auch Dango?“
Er stockte und sah dann auf das Emblem. „Nein. Sie habe ich niemals verleugnet.“ Er lächelte. „Aber eines nach dem Anderen...“
„General?“, ertönte es von außerhalb der Zelle.
Ein Soldat stand dort, der vor ihr salutierte. Man sah ihn an, dass er verunsichert war.
Miranda erhob sich und legte ihre Rüstung wieder an. „Was gibt es, Soldat?“
„Die Königin wünscht, euch zu sprechen, es geht um die Angriffe der Orks auf die Ostgrenze des Reiches.“
Miranda seufzte. „Nein... nicht schon wieder.“
Du hättest es doch auch so gewollt, hörte der Kreuzjäger die Stimme seiner Schwester in seinem Kopf. Er schüttelte amüsiert den Kopf und erhob sich ebenfalls. „General, wenn es sich anbieten lässt, so möchte ich mich mit meiner Kraft euch zur Verfügung stellen.“
Sie musterte ihn eindringlich und versuchte aus seinen Augen heraus zu lesen, ob das seine wahren Absichten waren. Ob sie darin etwas fand, wusste der Kreuzjäger nicht zu sagen.
Sie ging aus der Zelle heraus und verschloss sie wieder. „Ihr werdet weiterhin unter Arrest stehen, Kreuzjäger.“ Sie wandte sich an den Soldaten. „Verkünde ihrer Hoheit, dass ich auf der Stelle aufbrechen werde.“
Er salutierte und rannte voraus. Sie allerdings drehte sich noch einmal um und sah in die Zelle. „Ihr hättet ein Zauberer werden, der für das Reich hätte kämpfen können... Warum habt ihr euch dagegen entschieden?“
Warum er es getan hat, hatte er ihr nicht gesagt. Er sah ihr ein wenig unsicher in die Augen und antwortete dann: „Weil es etwas gab, was mir dazu geraten hat.“
„Was war es?“
Er drückte seine Hand auf die Brust. „Mein Herz...“
Sie schwieg einen Moment. „Und glaubst Du, dass es Recht damit behielt, kein Zauberer zu werden.“
Der Kreuzjäger lächelte von sich überzeugt. „Ja. Und wenn ihr wieder zurückkehrt, erzähle ich euch den Rest meiner Geschichte.“
Sie sahen sich einen Moment an. Für den Kreuzjäger schien es, als lag in dem Blick noch mehr...
Dann schloss sie die Augen. „Lebt wohl, Kreuzjäger.“
„Wartet!“, rief er.
Sie öffnete die Augen wieder und blickte verwirrt auf seine Faust, die er ihr entgegen streckte. In ihr baumelte an dem Band das Emblem der Innis. „Ich möchte es euch geben, auf dass es euch Glück bringt.“
Sie nahm es ungläubig entgegen. „Das kann ich nicht...“
Der Kreuzjäger lächelte. „Mir liegt sehr viel daran... bitte verliert es nicht.“
Sie sah ihn noch einen Moment an und verstaute es dann lächelnd. „Bei meiner Ehre als General. Ich werde über Dein Amulett wachen.“
Als sie die Zellen verließ, flüsterte der Kreuzjäger: „So wird es auch über Dich wachen...“

Morgen geht's weiter. :P


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 Betreff des Beitrags: Re: Kreuzjäger
BeitragVerfasst: So 30. Mai 2010, 16:15 
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Reiter
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Beiträge: 460
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Hallihallo 8-)
Dann freu ich mich schon auf morgen. :) Bin schon gespannt wie es weiter gehen wird...

Also ich muss sagen, dass mir die Geschichte bisher sehr gut gefällt. Mir gefällt der Aufbau der Story und auch die Charas und du hast wirklich eine tolle Wortwahl - perfekt für eine Fantasygeschichte. ^^
Und ansonsten hat es zwischendurch noch einige kleine Tippfehler, aber die sind nicht wirklich schlimm und selten. ;)

Wie viele Kapitel hast du sie denn geschrieben? ^^


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 Betreff des Beitrags: Re: Kreuzjäger
BeitragVerfasst: So 30. Mai 2010, 19:05 
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Sternenmeer
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Registriert: So 30. Mai 2010, 15:24
Beiträge: 34
Vielen Dank für die positive Kritik!

Bis jetzt habe ich erst 4 Kapitel geschrieben. Ich habe beim fünften erst ein paar Seiten aber es geht voran. xP
Aber ich glaube, wenn Du das schon durchhast, dann lade ich mal das nächste Kapitel hoch. ^^


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 Betreff des Beitrags: Re: Kreuzjäger
BeitragVerfasst: So 30. Mai 2010, 19:07 
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Sternenmeer
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Registriert: So 30. Mai 2010, 15:24
Beiträge: 34
Kapitel 2
Part 1/2

Der lilane Vogel

Der Kreuzjäger saß im Schneidersitz in der Zelle und schwelgte sanft in den Erinnerungen seiner Vergangenheit. Er führte sich die Bilder von Maddy, Zoid und Kevin vor Augen.
Er sagte zwar, dass Maddy starb, doch das stimmte so nicht wirklich... es war zumindest nicht die ganze Wahrheit. Er seufzte, wie hätte jemand sterben können, den es niemals gab? Er hätte es am liebsten Miranda erklärt, doch das konnte er aus zwei Gründen nicht. Zum einen ist es beinahe unmöglich zu erklären, zum anderen würde er es ihr erklären, sobald die Zeit dazu reif war.
Er fasste an seine Brust, wo nicht mehr das Emblem seiner Schwester hing. Ohne dem Erinnerungsstück fühlte er sich ein wenig nackt, doch er wusste, dass Gegenstände einen nur an jemanden erinnern, die Liebe allerdings ewig in einem Erhalten bleibt. Solange der Kreuzjäger die Vergangenheit nicht vergaß, so würde auch Dango ewig in seinem Herzen weiterleben.
Zwei Wochen war es mittlerweile her, seit Miranda die Zelle verlassen hatte. Anscheind war der Krieg gegen die Orks doch heftiger, als er es zuerst annahm. So war er sehr überrascht, als an diesem Abend – oder war es morgen? In diese Zellen drang niemals ein Sonnenstrahl, der darauf hätte hindeuten können – plötzlich vor seiner Zelle Miranda wieder auftauchte.
Ihr Arm lag in einer Schiene, die um ihren Arm gewickelt war. Der Kreuzjäger erhob sich und ging vorsichtig auf die Gitter zu. „Schön, dass es euch gut geht.“
Sie blickte ein wenig entrüstet zu Boden. „Ich habe Deinen Anhänger verloren.“
Ein kleiner Stich fuhr in das Herz des Kreuzjägers. Sehr viel Erinnerungen lagen in dem Emblem... doch nun war es anscheinend für immer verschwunden. „Wie... kam es dazu?“
Sie sah ihm in die Augen, doch konnte dem Blick nur schwer stand halten. „Man hat es mir entwendet... Ich hatte es sicher in einer Schatulle verwahrt, als es am nächsten Morgen dort nicht mehr lag.“
Der Kreuzjäger schmunzelte. „Das erinnert mich an etwas...“
Miranda blickte ihn verwirrt an. „Was meinst Du?“
Der Kreuzjäger setzte sich wieder auf seine Bank. „Nachdem ich von zu Hause weglief... nun, ich verdiente mein Geld mit meiner Klinge.“
Ein wenig schüchtern stand sie noch vor der Zelle. „Bist Du mir gar nicht böse?“
Unbeirrt fuhr er fort. „Damals lebte ich von dem Geld, welches ich mir als Tagelöhner verdiente auf Bauernhöfen, teilzeitig auch als Söldner und natürlich auch, wenn es einen Auftrag gab, der erledigt werden musste, für reiche Geschäftsmänner.“
Miranda öffnete die Zellentür und setzte sich dem Kreuzjäger gegenüber.
Der Kreuzjäger rieb sich die Nase. „Es war die Zeit, in der ich zum ersten mal, mein Emblem verlor.“
Miranda schluckte. „Wirst Du mir davon erzählen?“

*

Red wanderte ziellos durch die Lande. Hier verdingte er sich als gekaufte Waffe für ein Unhold Problem, dort erledigte er weite Botengänge.
Sein Bruder sagte ihm, dass er dort draußen irgendwo das finden könnte, wofür er bestimmt war, doch diese Bestimmung war für ihn so weit entfernt, wie zu Beginn seiner Reise.
Es gab kein Ziel, auf das er zusteuerte, keinen Ort, wohin er zurückkehren konnte, keine Person, der er sich hätte anvertrauen konnte. Einzig das Emblem, was er stets im seinen Hals trug.
Auch diesen Abend ballte er es in seiner Faust, während er nachdenklich in den Himmel starrte. Er dachte an seine kleine Schwester, die mittlerweile schon 12 Jahre alt war. Was machte sie wohl in diesem Moment? Ob sie wohl an ihm dachte?
Seine Gedanken wanderten weiter zu Maddy, von dem er in den letzten Tagen eine Menge Geschichten gehört hat. Er hatte ein Heer in die Marklande geführt, das Reich der Nyadden, ein Volk, welches aus den Tiefen der Meere aufgestiegen war und an Haie erinnerte. Eine Gefahr waren sie für das Volk der Menschen, genauso wie all die anderen Unholde, die auf diesem Planeten ihr Unwesen trieben.
Der Mensch, so wusste er, war die jüngste Rasse dieses Erdballens...

*

„Ich glaube Dir nicht mehr...“, unterbrach Miranda abrupt seinen Redefluss.
Aus dem Konzept geraten, blickte er sie verständnislos an. „Wie meint ihr das?“
Sie verschränkte die Arme. „Ich bin mit der Geschichte Fillos vertraut. Und ich weiß genau, dass es kein Heer gab, welches von einem Mann namens Maddy angeführt wurde, das Nyaddenvolk auszurotten.“
Dem Kreuzjäger hing ein Kloß im Hals. „Ich weiß, dass es niemals jemanden gab, der dies tat...“
Sie hob eine Augenbraue. „Dann widerspricht es sich doch.“
Der Kreuzjäger sah sie dem Leben um einiges müder geworden an. „Alles zu seiner Zeit, Miranda. Noch sind wir nicht bei Maddys Geschichte angelangt.“
Sie blinzelte ungläubig. „Erzählt mir jetzt von der Geschichte.“
Der Kreuzjäger seufzte. „Ich möchte meine Geschichte so erzählen, wie sie von Anfang bis Ende ablief. Ihr glaubt, dass Maddys Geschichte das unfassbarste ist, was ich euch erzählt habe, so wartet, bis ihr mir weiter gelauscht habt.“
Sie lehnte sich zurück und hob resignierend die Hände. „Na schön! Du willst mir also Märchengeschichten erzählen. Nur zu, ich...“
Sie erkannte in den Augen ihres Gegenübers, dass sie eine tiefe Wunde traf und in ihr Salz hineingeschüttet hatte. Sie schluckte, als der Kreuzjäger fortfuhr. „Maddy ist kein Märchen. Ihn gab es und gab es niemals. Und doch war er einst da und handelte.“ Er stockte. „Ohne ihm würde es das Volk der Menschen heute wahrscheinlich nicht mehr geben, also entwürdigt ihn nicht...“
Miranda sah zur Seite. „Dann sagt mir wenigstens, wann er diese Schlacht führte.“
Der Kreuzjäger schüttelte den Kopf. „Wann? Es tut mir Leid, aber das kann ich euch nicht sagen... zumindest noch nicht.“
„Warum nicht?“
„Naja... weil es zum einen niemals wirklich diese Zeit gab... und zum anderen, weil ihr mich dann entweder für immer hier unten dahinvegetieren lassen würdet oder mich gleich hinrichtet.“
In ihrem Gesicht arbeitete es. „Gut... dann frage ich halt eben nicht danach.“
Der Kreuzjäger lehnte sich zurück. „Ich kann euch aber beruhigen. Das erste Phänomen meiner Geschichte wird euch sicherlich auch interessieren. Es war ein kleiner lilaner Vogel.“

*

Red vernahm ein Geräusch.
Er griff nach seinem Schwert und striff es vorsichtig aus der Scheide. Hinter ihm, er schätzte die Entfernung auf ungefähr fünf Meter zerbrach ein Zweig. Man lauerte ihm definitiv auf.
Sein Schwert schützend vor sich haltend sprang er auf und deutete in das Gebüsch. „Wer wagt es, mir aufzulauern? Zeige Dich!“
„Du bist gut...“ Aus dem Gestrüpp heraus trat ein junger Mann, der einen Bogen in der Hand hielt. Er hatte einen Pfeil gespannt und zielte direkt auf Reds Herz. „Leg die Waffe weg und es wird Dir nichts passieren.“
Den Abstand konnte Red nicht gutmachen, ohne dabei sein Leben zu verlieren. Er hasste es zu verlieren, allerdings blieb er gleichgültig stehen.
Ein weiteres mal drohte der Fremde ihn. „Waffe weg oder ich töte Dich.“
In diesem Moment wünschte er sich, dass er zumindest einen Gedankenstoß senden konnte... Doch er hatte niemals das Bändigen der Magie gelernt. Er legte seine Waffe auf den Boden.
„Sehr gut und jetzt geh da rüber, zu dem Baum.“
Er deutete auf eine Eiche, die neben ihm stand. Widerwillig bewegte er sich darauf zu und legte seine Hände gegen den Stamm. Irgendwann würde er es diesem Mann heimzahlen, das schwor sich Red.
Am liebsten hätte er sich umgedreht und ihm das Handwerk gelegt, doch mit einem Mal spürte er einen entsetzlichen Schmerz auf dem Hinterkopf, der ihn nieder streckte.

Steh auf, Red...
Sein Kopf schmerzte entsetzlich. Er versuchte sich zu erheben und stempelte die sonderbare Stimme in seinem Kopf den Schmerzen zu, die er empfand.
Er öffnete langsam seine Augen, nur um festzustellen, dass er genauso wenig sah wie vorher. Überall um ihn herum herschte Finsternis. Instinktiv fasste er an seine Brust, doch da war nichts.
Entsetzt tastete er seinen Körper ab und musste feststellen, dass man ihm alles genommen hatte, was er bei sich trug. Sein Gepäck, seine Waffen, seine Klamotten. Selbst sein kostbares Emblem.
Hektisch griff er um sich, doch in der Dunkelheit konnte er nichts ausmachen. „Wo ist mein Emblem? Wo bin ich hier?“
Man blieb ihm allerdings eine Antwort schuldig. Er kniff seine Augenbrauen zusammen und rief in die Dunkelheit. „Hey! Ist da jemand?“
Ein tiefes Grollen antwortete ihm. Es war sein Echo, welches aus weiten Tiefen zu ihm drang. Eine Höhle...
Er setzte sich hin und blickte traurig zu Boden. Das war es also... man hatte ihn bewusstlos geschlagen, ausgeraubt und dann hier liegen gelassen. Das kostbare Emblem war weg.
Ein weiteres Mal fasste er sich an seine Brust. Tränen liefen ihm über die Wangen. Sie prallten geräuschvoll auf den Boden. Er sah nach oben und ballte seine Fäuste. „Keine Sorge, Dango. Ich werde das Emblem finden und es wieder an mich nehmen.“
Ein sanfter Lichtstrahl schien ihm in das Auge. Er stand auf und hob seine Hand schützend vor sich. Als er genauer hinblickte, erkannte er, dass es durch ein Loch in der Decke fiel. Es mussten gute hundert Meter sein, die er unter der Erde war. Erschöpft ließ er den Kopf hängen. „Hier hinunter geworfen hat er mich... wie Abfall.“
Er ging einige Schritte auf eine Wand in der Höhle zu, um sich zu orientieren. Das hier mussten sicherlich unterirdische Tunnel sein. Er tastete die Wand ab, die recht kühl war.
Es gab sicherlich einen Weg hier hinaus und diesen galt es zu finden. Innerlich verfluchte er sich dafür, niemals das Bändigen der Magie gelernt zu haben. Ein schlichter Lichtzauber wäre jetzt genau das, was er brauchte.
Er tastete sich an der Wand entlang und fand nach einigen Schritten eine Öffnung. Endlich, dachte er.
Ohne große Umschweife trat er in den Gang hinein, der von den Wänden ein wenig mit einem sanften blauen Licht ausgeleuchtet wurde. Nun endlich sah er wieder etwas und blickte sofort an sich herab. Keine Wunden, nur ein paar Schrammen und Prellungen, die er sich zugezogen haben musste, als er in diese Höhle fiel.
Er rieb sich am Kinn, welches so wie sein gesamter Körper noch keinen Haarbewuchs hatte. Er musste hier unbedingt wieder raus.
Vorsichtig ging er den Gang weiter hinab und als er endete gab er den Blick in ein gewaltiges Höhlensystem frei. Es gab mindestens zwanzig Etagen, die in die Erde führten.
Es sah so aus, als ob dieses Höhlensystem vor langer Zeit einmal eine Mine gewesen sein musste. Hier und dort lagen Skellete auf dem Boden oder hingen an Seilen. Was auch immer hier passiert sein musste, es hatte eine Menge Menschen auf den Gewissen. Zumindest dachte Red sich, dass es Menschen waren.
Er blickte zu einer Treppe, die nach oben führte. Das war sein Ausgang.
Triumphierend rannte er die Treppen hoch, als sie nach zwei Stockwerken abrupt endeten. Ein Steinschlag hatte hier den weiteren Aufstieg unmöglich gemacht. Wütend blickte er sich um. Es musste hier doch noch einen anderen Ausweg geben.
Neben sich fand er einen Gang, der ein Stück nach oben führte. Einen Moment wog er seine Optionen ab, dann entschied er sich, den Gang zu nehmen.
Schon nach einigen Schritten, hörte er einige Stimmen. Waren es Menschen?
Von Neugier getrieben rannte er schneller und hielt vor dem hinter dem Gang gelegenen Raum an, um hinter einem Felsen die Situation zu überblicken.
Zu seinem Entsetzen erkannte er drei Dutzend Goblins um ein kleiner Lagerfeuer stehen. Sie brieten ein Tier über dem Feuer, quiekten und stritten sich. Ein Durchkommen gab es hier nicht, doch aus dem, was er Zeit seines Lebens gelernt hatte, lebten Goblins nur in Höhlen, die direkt mit der Oberfläche verbunden waren.
Er spähte ein wenig umher, als er einen Ausgang entdeckte. Dort entlang musste es in die Freiheit gehen, welche so nah und doch so fern lag.
Einzig mit seinem Lendenschurz bekleidet konnte er kaum etwas gegen die Goblins anrichten, das stand schon mal fest, also musste er nach einen anderen Weg suchen.
Gerade wollte er wieder in das Höhlensystem zurückkehren, als er in ein hell leuchtendes Augenpaar blickte.


"Wie hätte ich jemals wieder nach Hause zurückkehren können? Dein Vater wurde gefangengenommen und alle ehrbaren und aufrichtigen Krieger Pheraes starben in dem Versuch, ihn zu beschützen... alle, außer mir."
~ Harken


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 Betreff des Beitrags: Re: Kreuzjäger
BeitragVerfasst: So 30. Mai 2010, 19:07 
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Sternenmeer
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„Hallo, Mensch...“, donnerte eine tiefe Stimme.
Red schluckte. Vor ihm stand ganz eindeutig ein Ork und dazu noch ein verdammt großer.
Er hatte Orks bereits einmal gesehen. Sie waren so wie dieses Exemplar grün, häßlich und stanken entsetzlich. Doch am allerschlimmsten war ihre Blutrünstigkeit. Sie töteten alles, was sie als ihren Feind betrachteten, und scheuten nicht einmal vor der eigenen Familie zurück.
Dieser lächelte dämonisch. „Seht mal, was wir hier haben.“
Red blickte zurück und erkannte, wie die Goblins sich um ihn herum versammelten. Ihre kleinen Speere und Schwerter waren verrostet und vergilbt, doch sie waren nicht minder gefährlich. Nach seinem Fleisch lächzend schritten sie näher an ihn heran.
Hektisch blickte er sich um. Im Gang der Ork, der mit erhobener Waffe auf ihn zuschritt, in der Höhle rund vierzig Goblins nach seinem Leben trachtend. War das das Ende? War das das Ende, von dem er sich immer gefürchtet hatte? So konnte es doch nicht enden. So durfte es nicht enden.
Und so wird es nicht enden.
Er blinzelte verwirrt. Wer hatte das gerade gesagt? Hatte das überhaupt jemand gesagt oder war das nur eine Eingebung in seinem Kopf?
Sieh Dir den Ork an.
Red blickte zu den Ork, der immer schneller an ihn heran schritt. Seine Waffe war bereit zum Schlag. Was sollte mit dem Ork sein?
Sekunde... der Schlag. Er würde von oben kommen und auf seine rechte Schulter fallen. Als der Ork ausholte, rollte er nach links und huschte an seinen Beinen vorbei. Der Ork grunzte verächtlich und brüllte den Goblins zu, ihm zu folgen.
War das gerade wirklich passiert? Ist er gerade wirklich dem Tode entkommen? Er sah zurück und erblickte die Goblins, die kreischend hinter ihm her rannten.
Beim Höhlensystem blieb er am Abgrund stehen und blickte entsetzt runter. Hier gab es nur einen Weg, auf dem er entkommen konnte. Er musste nach unten.
Die Goblins schlossen langsam auf. Er nahm die Beine in die Hand und rannte die Stufen hinunter. Nachdem er drei Windungen hinter sich gebracht hatte, hielt er vor einem Schacht im Felsen an. Wenn er nur nach unten rennen würde, würden sie ihn sicher irgendwann einkesseln.
Er entschloss sich in den Gang zu rennen.
Er war nicht ausgeleuchtet und wurde nur von den matt blau leuchtenden Wänden erhellt. Schienen führten tief in den Gang hinein. Vor langer Zeit haben sie sicherlich auch einem anderen Zweck gedient, als nur am Boden zu verrosten.
Die Goblins riefen in den Gang hinein. Red sah zurück und erkannte die Schemen der Unholde wie sie die Verfolgung fortführten. Er blickte sich um und machte einige Schächte aus, die aus dem Gang führten.
Auf gut Glück wählte er einen und rannte in ihn herein. Dieser führte unvermittelt in die Tiefe.
Red konnte gerade noch die Kante erfassen, während einige Steinbrocken in die schier endlose Tiefe fielen.
Das war sehr knapp. Die Goblins verteilten sich währenddessen im Gang in den einzelnen Schächten. Der Goblin der seinen Schacht wählte, hatte nicht so viel Glück wie Red gehabt. Er blickte hinter sich und erkannte, wie er den Steinbrocken in die Tiefe folgte. Sein Quieken war zuerst klar zu hören, dann wurde es immer leiser, bis es schließlich nur noch ein weit entfertens Geräusch war.
Red nahm seine ganze Kraft zusammen und hievte sich nach oben. Es funktionierte erstaunlich einfach. Es war, als wöge er gar nichts. Von sich selbst überrascht, verlor er beinahe das Gleichgewicht, als er sich an der Kante hochhangelte. Auf der anderen Seite sah er, wie die Goblins ihn anschrien. Einige von ihnen warfen ihre Speere.
Einer von ihnen striff seine rechte Schulter. Mit zusammengebissenen Zähnen erklomm er das letzte Stück und kroch ein wenig von der Kante weg. Nun erkannte er die Ausmaße des Loches. Es waren ganze zwei Meter, die ihn von den Goblins trennten.
Einer von ihnen nahm seinen Mut zusammen und sprang hinter ihm her. Er erreichte die andere Seite nicht und fiel ebenfalls in die endlose Tiefe. Aus dem Quieken wurde nun eine Abfolge von einzelnen Lauten, die Red als Beleidigungen und Verwünschungen deutete.
Sie blickten sich einander an und dachten darüber nach, was sie als nächstes tun konnten. Red indessen drehte sich um und ging ein wenig benommen den Gang weiter hinab. Jeder Ort war besser als dieser, dachte er bei sich.

Seine Wunde musste bald behandelt werden. Da er keine Klamotten trug und er sich in einer alten Mine befand, würde sich die Verletzung sicher bald entzünden.
Nach einigen Schritten gelangte er in einem weiteren Raum, was wohl eine Art Lagerplatz für die ehemaligen Minenarbeiter gewesen sein musste.
In dem Raum gab es vereinzelt Tische, auf denen Lampen standen, sowie vergammeltes Brot und Wasser. An den Wänden standen in zahlreichen Massen Spitzhaken, sowie Schaufeln und andere Geräte, die für den Bergbau benutzt wurden. Am auffäligsten allerdings waren die drei Skellete, die an einem der Tische saßen. Sie hatten in ihren Händen noch Karten in der Hand.
Was war hier passiert, dass sie beim Kartenspielen das Leben verloren? Ungläubig schritt er auf die drei Leichen zu und untersuchte sie. Die beiden Leichen, die nebeneinander saßen, hatten Helme auf, in denen verloschene Kerzen heraushingen. Es handelte sich um die beiden eindeutig um Minenarbeiter. Doch die dritte Leiche war ein wenig anders.
Sie trug keine Arbeiteruniform, im Gegenteil, sie hatte einen langen Mantel an und trug ein schwarzes Stirnband. Außerdem hingen an dem Mantel zwei Dolche. Als von tief unten ein kühler Windhauch seinen Weg nach oben suchte, entschloss sich Red dazu, seine Klamotten anzulegen.
Während Red die Klamotten anzog, dachte er darüber nach, wer wohl der Mann gewesen sein konnte. Ob er wohl ein Söldner war, der die Minenarbeiter schützen sollte, brächen sie in einen Stollen ein, in dem sich Monster befänden?
Er legte die beiden Dolche an und musste feststellen, dass die Klamotten perfekt saßen...
Ein weiteres mal blickte er sich in dem Raum um. Wie konnte es passieren, dass sie hier ihr Leben ließen? Was konnte passiert sein? Ob Monster hier einbrachen?
Nein, das war unmöglich. Zumindest der Mann, den er eben geplündert hatte, hätte reagieren müssen. Er machte nicht den Eindruck, als verpasse er ein Monster.
Red blickte in den Stollen, der auf der anderen Seite lag. Getrieben von Neugier wollte er in den Gang hinabsteigen, in der Hoffnung dort eine Antwort zu finden.
Kaum war er in dem Gang schon erschreckte er beinahe zu Tode. In der Dunkelheit konnte man kaum weiter als seine Nase sehen. Als dann ein Käfig vor ihm erschien, in dem ein Vogelskellet stand, schrie er seine Angst heraus. „Was zum...?“
Die Worte hallten in der Unendlichkeit des Ganges und machten den Ort noch unheimlicher. Innerlich schalt er sich einen Idioten, so überreagiert zu haben. Sollten dort unten wirklich Monster hausen, so glaubte er kaum, dass sie ihn nicht gehört hatten. Er rückte sein Stirnband zurecht und atmete durch. Er musste sich definitiv mehr zusammen reißen.
Ein müdes Zwitschern war zu hören. Ungläubig blickte er in den Käfig und musterte den toten Vogel. Hatte das Ding gerade wirklich gezwitschert?
Schon wieder zwitscherte es, doch es klang eher wie ein Hilferuf. Viel Trauer lag in dem Zwitschern. Red schloss die Augen und konzentrierte sich, dann machte er das Zwitschern aus und duckte sich auf eine Seite des Ganges. Ein umgekippter Käfig lag dort auf dem Boden, aus dem das Zwitschern drang.
Red weitete seine Augen. Ein kleiner lilaner Vogel stand dort drinnen und zwitscherte mit aller Kraft, um auf sie aufmerksam zu machen. Red nahm sich den Käfig und brachte ihn in den besser beleuchteten Raum zurück.
Dort angekommen legte er den Käfig auf einen Tisch und suchte nach dem Schloss. Als er es fand vernichtete er es und riss die Tür auf. Der Vogel flatterte vorsichtig aus dem Käfig raus und blickte sich um.
Wurde dieser Vogel damals eingesetzt, um aufsteigende Gase auszumachen?
Aufsteigende Gase! Was war er doch für ein Idiot gewesen! Wenn der kleine Vogel nicht gewesen wäre, wäre er den Gang weiter runter gegangen und das wahrscheinlich direkt in sein Verderben hinein.
Allerdings verwunderte ihn der Anblick des kleinen Vogels, der anscheinend immer noch am Leben war. Der kleine Vogel balancierte mit einem Flügel, flatterte noch einmal hektisch auf der anderen Seite und kippte dann zur Seite um.
Naja, immerhin lebte er noch. Vorsichtig griff Red nach dem kleinen Vogel und hob ihn auf den Handflächen hoch. Der Vogel blinzelte noch einmal, dann schloss er die Augen.
Er war eingeschlafen.
Red verstaute ihn sicher in seiner Seitentasche. Er würde sich um ihn kümmern und wieder auf die Beine bringen.
Lärm drang aus dem Gang, aus dem er gekommen war. Die Goblins mussten einen Weg gefunden haben, das Loch zu überbrücken.
Er dachte einen Moment nach und hatte dann eine Idee.

Die Goblins rannten in den Raum hinein und blickten sich forschend um. Hinter ihnen rannte der Ork hinterher. Er donnerte, als die Goblins stehen blieben.
Geifernd schrie er in den Raum und trat eine Goblin weg. Er deutete auf den Gang vor ihnen, der in absoluter Dunkelheit getaucht war. Die Goblins schüttelten energisch die Köpfe, als der Ork dann einen von ihnen ergriff und voraus in den Gang warf.
Der Goblin kroch wieder aus dem Gang heraus und schien um einiges blasser geworden zu sein. Der Ork brüllte die anderen Goblins an, woraufhin sie sich in Bewegung setzten und in den Gang gingen.
Der Ork war schlauer, als es den Anschein hatte. Gezielt hielt er seine Waffe hoch, um den aus dem Hinterhalt geführten Schlag Reds abzuwehren, der an der Decke auf den vermeindlich perfekten Moment wartete. Zu spät gefreut.
Der Ork schritt zurück und ließ ihn zwischen sich und den Goblins landen.
Red sah zu den Goblins, die sich wieder zurück bewegten. In ihren Augen stand das Verlangen, zu töten.
Er zückte seinen anderen Dolch und bereitete sich auf den Angriff seiner Gegner vor. Der Ork grunzte amüsiert. „Du willst uns mit Deinem Spielzeug drohen?“
Red kniff die Augen zusammen. Unvermittelt griff er an, was dem Ork nicht aus dem Konzept bringen ließ. Er warf sich zurück und konterte den Schlag, indem er seine Klinge von unten heranfahren ließ.
Red wich dem Schlag ebenfalls aus und sah sich nun in der Mitte eines gewaltigen Kampfgeschehens wieder. Von überall blitzten Klingen und Stacheln heran, denen er mühevoll ausweichen musste.
Er wusste nicht, warum, doch er konnte die Attacken seiner Gegner erahnen und wusste, wo die Gegner hinschlagen würden. So wich er einem Speerstich aus, indem er sich zur Seite bewegte, und parierte den Schwerthieb eines Goblins, der auf sein Bein gezielt hatte.
Eine Lücke! So unscheinbar sie auch war, Red erkannte sie und nutzte sie für einen Ausfall. Der Ausfall kam so unvermittelt, dass die Goblins verwirrt auseinander stoben und sich ineinander verkachelten.
Die Dolche indessen suchten sich blitzartig ihre Ziele und fuhren in Hälse, ungeschützte Bäuche und Schläfen. Noch ehe die Goblins begriffen, wie ihnen geschah, hatte Red die Hälfte von ihnen ins Reich der Toten geschickt.
Der Ork allerdings wurde nun zunehmend wütender. Er brüllte und rannte auf Red zu, ungeachtet dessen, dass er dabei einen Goblin zur Seite drängte.
Unsicher trat Red einen Schritt zurück, um in diesem glücklichen Fall dem für die Verhältnisse des Orks viel zu schnell ausgeführten Hieb auszuweichen. Die Klinge grub sich in den Boden und verankerte sich da. Im wilden Zorn versuchte er die Klinge wieder zu befreien.
Red kniff die Augen zusammen und stach mit seinem Dolch zu. Die Klinge fuhr in das Fleisch des Orks und hinterließ eine tiefe Wunde an seiner linken Schulter.
Das schien dem Ork allerdings nicht zu Schaden, im Gegenteil, er war nun so wütend, dass er die Klinge in wilder Rage aus dem Boden heraus riss. Mit neuer Wut drehte er sich einmal um die eigene Achse und ließ seine Klinge rotieren.
Red sprang über den tiefen Schlag hinweg, welcher zwei Goblins in der Mitte durchtrennte. Er hatte davon gehört, dass Orks ihren tierischen Instinkten – wenn man wirklich davon ausgehen konnte, dass sie sich nicht wie Tiere verhalten – nachgaben, wenn sie in wütende Raserei versetzten. Diesen Zustand, wovon Red sehr stark ausging, nachdem die Klinge aufhörte zu rotieren und die Reste der Goblins runtertropften, hatte dieser Ork erreicht.
Er sprang ein Stück zur Seite, woraufhin der Ork ihm folgte. Red griff nach einem der Stühle und beförderte ihn in Richtung des Orks. Dieser parierte den Stuhl mit der Waffe und rannte unbeirrt weiter. Red indessen schnappte sich den Tisch und ließ ihn beförderte ihn einmal um seine Achse.
Mit einem gewaltigen Knall, zerbarst der Tisch an dem Schädel des Orks. Während Red nur noch Trümmer in seiner Hand hielt, verlor der Ork langsam das Gleichgewicht.
Ein letztes Mal holte er mit den Dolchen aus und schnitt mit beiden Klingen quer über sein Gesicht. Der Ork ließ seine Waffe fallen und tastete dieses ungläubig ab. Red drehte seine Klingen um hob beide Arme und ließ sie mit voller Wucht auf den Ork niederfahren. Sie gruben sich tief in die Brust des Orks und ließen ihn verwirrt dastehen. Einen Moment blickte der Ork noch ungläubig auf Red, dann fiel er um wie ein gefällter Baum.
Erst in diesem Moment fiel Red auf, dass keiner seiner Gegner mehr lebte. Alle lagen sie Tod zu seinen Füßen. Das war das Ende...
Er wischte das Blut an der Kleidung des Orks von den Dolchen ab und verstaute sie wieder. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich um einiges reifer als zuvor.

„... was wir nicht nur des Geldes wegen machen, sondern auch für die Befreiung dieses Landes von all seinen Unholden!“
Red blieb auf der Stelle stehen. Diese Stimme konnte er unter Tausenden wiedererkennen. Es war Zoid.
Sein Bruder stand vor der Höhle.
„Und aus diesem Grunde, werden wir nun in die Höhle gehen, um den Schrecken ein Ende zu bereiten!“
Zustimmendes Gebrüll folgte auf seine Rede.
Red schnappte nach Luft. Wenn Zoid ihn erkannte, was würde er dann sagen? Würde er ihn zur Rechenschaft ziehen? Angespannt dachte er nach, was er tun konnte.
Er konnte sich nicht seinem Bruder stellen, noch nicht. Er hatte noch lange nicht das gefunden, nach was er gesucht hatte. Er würde ihn sicher niemals verstehen wollen...
Er fasste an seine Stirn und grübelte, als er das Stirnband ergriff. Er öffnete vorsichtig seine Augen und blickte auf das schwarze Stück Stoff. Ihm kam eine Idee.

Zoid und seine Söldner hatten alles für den Aufbruch in die Mine vorbereitet. Ihnen voraus schritt ihr Anführer, mit einem zielsicherem Blick, der den Eingang fixierte.
Entsprechend verwirrt blickte er auf diesen, als ein Maskierter aus ihm heraus trat. Auf seiner Seite wurden Bogen gespannt. Zoid blieb stehen und deutete auf ihn. „Halt! Wer bist Du?“
Der Maskierte blieb stehen und blickte die Reihen der Söldner ab. Zoid ballte seine Faust. „Geh zur Seite, in dieser Mine hausen Unholde.“
Der Maskierte blickte ihm in die Augen. „Es gibt dort keine Unholde mehr.“
Zoid glaubte, etwas mit den Ohren zu haben, als er die Stimmes des jungen Mannes hörte. Ihm kam es vor, als würde er diese Stimme schon seit sehr langen kennen. Allerdings war sein Drang zu wissen, was der Maskierte damit meinte, größer. „Das hier ist kein Spiel, junger Krieger.“
Er wandte sich um und rannte am Felsen entlang. Zoid rief ihm hinterher. „Bleib stehen! Wer bist Du eigentlich?“
Der Maskierte allerdings antwortete ihm nicht.

*

Miranda stöhnte auf und rieb sich den Arm, der in einer Schiene lag. „Entschuldigung...“
Der Kreuzjäger lächelte ihr zu. „Wie wurdet ihr verletzt?“
Sie seufzte. „Es war ein Ork. Er rammte seine Waffe mit solcher Wucht gegen meinen Arm, dass er brach.“
Der Kreuzjäger nickte. „Vielleicht solltet ihr euch dann ein wenig schonen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Was wurde aus Deinem Bruder Zoid? Was tat er, nachdem Du ihn so hast stehen lassen?“
„Er ging in die Höhle und fand die Leichen der Goblins und des Orks...“
Miranda schwieg einen Moment. „Das klingt so, als würde Dich diese Tatsache bedrücken.“
Er schüttelte den Kopf. „Viel mehr die Tatsache, dass alle Unholde auf diesselbe Weise starben. Mir ist es damals nicht aufgefallen. Es viel mir erst dann auf, als man mir meinen Namen gab.“
Miranda schluckte. „Wie?“
„Mit Kreuzwunden...“


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 Betreff des Beitrags: Re: Kreuzjäger
BeitragVerfasst: So 30. Mai 2010, 21:23 
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Sooo... Hab diesen Teil auch gerade gelesen. ^^

Ich bin gespannt wie es weiter geht, die Story finde ich bisher toll. ^^ Ich finde die Idee mit den beiden Dolchen und den Kreuzwunden echt genial, überhaupt bin ich seit Jaffar Anhänger von Doppeldolchwaffen. ^^

Also mir fielen vor allem auf, dass es viele Kommafehler hat und auch die Wortwahl nicht mehr ganz so passend war wie im ersten Teil (z. B. "Klamotten"). Ausserdem habe ich den Teil in der Mine zwischen der Orkbegegnung und diesem Lagerraum in der Nähe des Gases nicht ganz verstanden. =/ Und in der "Gegenwart" ist alles so knapp, also der Text zwischen den Dialogen meine ich.


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 Betreff des Beitrags: Re: Kreuzjäger
BeitragVerfasst: Mo 31. Mai 2010, 12:09 
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Sternenmeer
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Hmm... Danke für die Kritik. Ich denke, Du kennst das, wenn man im Schreiberausch ist, dann schreibt man das, was man sich bildlich vorstellt. Walter Moers nannte diesen Zustand: Orm. Und dann schreibt man, mit dem Wissen, dass Red an der Decke hing, wie er sich von dieser herabstürzen lässt, um den Ork zu töten. Nun aber der Ork war schlauer als Red dachte. Er wehrte die Attacke ab.
Kommata und Umgangssprache wird noch überarbeitet. Auch hier danke für den Hinweis!

... Fire Emblem... Ich war seit es dieses Spiel gab fasziniert von Raven und Harken. Das bisschen, was die beiden von ihrer Vergangenheit erzählt haben, hat mich damals zu Tränen gerührt... :cry:

Übrigens, Dein Golden Sun Fan Fiction habe ich leider nicht gelesen... ich konnte mich niemals für dieses Genre interessieren. Ich finde dieses übermächtige Kräftemessen (Monsterfäuste aus der Hand schießen) zu übertrieben für Fantasy. Es herscht nachher nur noch ein Prinzip des übermächtiger sein des anderen usw. Ebenso Final Fantasy.
In meiner fiktiven Welt stellt der mächtigste Zauberer Fillos einen Serenes dar, der seine Magie niemals einsetzt.
Aber genug davon, ich will ja nichts spoilern! D: Hier das nächste Kapitel.


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 Betreff des Beitrags: Re: Kreuzjäger
BeitragVerfasst: Mo 31. Mai 2010, 12:11 
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Sternenmeer
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Beiträge: 34
Kapitel 3
Part 1/2

Marisa

Red biss seine Zähne zusammen, als ihm der Bauernjunge den Verband anlegte. Wie er es befürchtet hatte, hatte sich die Wunde entzündet und bedurfte absolute Ruhe.
Der Bauernjunge, der sich Ryan nannte, knotete den Verband fest und lehnte sich zurück. „Man hat Dich also überfallen?“
Red nickte. Er hatte gelogen, als er ihm sagte, dass er die Verletzung von dem namenlosen Dieb erlitten hatte, statt von den Goblins. Er war sich sicher, dass es besser war, wenn er es nicht jeden unter die Nase rieb. „Wie ich es schon sagte, er trug einen Bogen und raubte mich bis auf mein Hemd aus.“
Ryan drückte den Lappen über einer Schüssel aus und tupfte wieder hinein. Vorsichtig säuberte er die Stelle um den Verband herum. „Ich kenne niemanden, auf dem diese Beschreibung passt...“
Red ballte seine Faust. „Er kann mir von mir aus so viele Wunden beibringen, wie er will, doch niemand beraubt mir das Andenken an meiner Schwester.“
Schließlich nahm Ryan das Tuch und die Schüssel. „So, alles erledigt.“
Die Stelle tat noch immer weh, doch er fühlte sich um einiges besser als zuvor. Er stand auf. „Verzeiht mir, dass ich die Dienste Deiner Familie nicht entlohnen kann. Ich verspreche euch, dass ich für die Kost und Logis aufkommen werde.“ Er straffte sich. „Ihr werdet sicher noch eine Klinge auf eurem Hofe benötigen im Kampfe gegen die Unholde, die hier ihr Unwesen treiben.“
„Ihr führt das Wort wie ein Gelehrter. Seid ihr ein Magier gewesen?“
Ohne es zu wollen, dachte Red an Maddy, der nun irgendwo in den Marklanden sein musste, nicht weit entfernt von dem Tempel der Innis. Tag täglich betete er für ihn und bat Innis darum, dass sie über ihn wachte.
Als Ryan unruhig wurde, lächelte Red ihm zu. „Ich genoss in meiner Jugend die Gesellschaft eines Magiers.“
Neugierig blickte er auf. „Erzähl mir von ihm! Wie hieß er? Wie standest Du zu ihm im Verhältnis?“
Red erstarrte. Sollte er ihm davon erzählen, wer sein Bruder war? Red dachte nach. „Er war... ein bekannter meines Vaters, der uns manchmal besuchte. Er hieß... Rasmund.“
Rasmund, was für ein kreativer Name, dachte Red bei sich. Ryan allerdings schluckte den Köder, zu seiner Überraschung. „Eure Familie hat einen Magier als Bekannten? Wenn wir das Glück hätten, würden wir sicher in besseren Verhältnissen leben...“
Innerlich schmunzelte Red, als ihm das Schmunzeln wieder verging, als Ryan ihm eine weitere Frage stellte. „Wie lautet der Name Deiner Familie?“
Liwer... Der Name reichte von der Ost- bis zur Westgrenze des Reiches. Maddy und Zoid, sowie sein eigener Vater waren Legenden. Er wollte nicht den Namen seiner Familie nennen. Hastig dachte er nach. „... Gomor.“
Ryan blinzelte. „Gomor?“
Red nickte. „Ja. Ich heiße Red Gomor.“
Nachdenklich musterte er ihn noch einen Moment. „Tut mir Leid, ich kenne den Namen nicht...“
Im Raum lag auf dem Tisch der lilane Vogel in auf einem Kissen, welcher die ganze Zeit über geruht hatte. Nun allerdings meldete er sich sanft zu Worte. Ein müdes Zwitschern war zu hören.
Red sah kurz zu dem Vogel und hob dann seinen unverletzen Arm. „Vielen Dank, nochmal, doch nun bitte ich um Ruhe.“
Ryan ging aus dem Zimmer. „Wenn Du etwas brauchen solltest, sag ruhig Bescheid.“
Als die er die Tür schloss, setzte sich Red nun endlich zu den kleinen Vogel, der erschöpft dalag.
Er drückte sanft mit seinem Finger auf dessen Seite, woraufhin der Vogel zuckte. Erschrocken nahm er die Hand wieder zurück. Wie konnte dieser Vogel nur in dieser Mine so lange überleben? Ob er ein magisches Wesen war?
Der Vogel atmete ein wenig hektisch. Red hob seine Hand wieder und strich vorsichtig über die Federn des kleinen Wesens. „Keine Sorge, niemand wird Dir ein Leid antun. Du bist in Sicherheit.“
Der Vogel schien sich tatsächlich beruhigen zu lassen. Stück für Stück wurde seine Atmung langsamer, bis sie sich wieder reguliert hatte. Für einen Moment glaubte Red, dass der Vogel sich erlöst fühlte.
Nun allerdings nahm er seine Kraft zusammen und versuchte sich zu erheben. Es scheiterte. Kraftlos sank er wieder auf das weiche Kissen.
Red hatte von Ryan verlangt, dass er ihm für den Vogel ein paar Körner und eine Schale Wasser brachte. Sie standen neben dem Kissen. Red nahm eines der kleinen Körner und nahm sorgsam den Kopf des Vogels in die Hand. „Das musst Du jetzt essen...“
Der Vogel weigerte sich, den Schnabel zu öffnen. Red konnte ihn nicht dazu zwingen, daher ließ er resignierend die Schultern hängen. „Du warst so lange da unten in der Erde, Du musst wieder zu Kräften kommen, sonst wirst Du sterben.“
Red wusste nicht genau, ob Vögel in der Lage waren, ihre Gefühle offen auf ihren Gesichtern zu tragen, doch dieser Vogel schien sichtlich nachzudenken. Einige Momente später öffnete er den Schnabel.
Red lächelte und schob vorsichtig den Kern in den Schnabel. Der Vogel schluckte den Kern an einem Stück runter.
Zu gerne, hätte er einen weiteren Kern ihm zu futtern gegeben, doch sein rechter Arm fing an zu pulsieren. Stöhnend setzte er den Vogel ab und griff an seine Schulter. „Verdammt!“

*

„Ist das wirklich ein wichtiger Abschnitt Deiner Geschichte?“, unterbrach ihn Miranda.
Der Kreuzjäger tastete seine Schulter ab. „Allerdings. Ich habe damals gewisse Dinge niemals erahnen können... und viele dieser Dinge begannen auf diesem Bauernhof.“
„Was waren das für Dinge?“
„So warte doch ab, Miranda.“
Sie bewegte den Mund hin und her. „Ich will wissen, was es mit dem Vogel auf sich hat. Du hast doch sicherlich irgendwann herausgefunden, warum er so lange dort unten alleine leben konnte, nicht wahr?“
Der Kreuzjäger ließ seinen Kopf lächelnd hängen. Er fasste auf seine Brust und ballte seine Faust. „Ich möchte euch nicht die Spannung nehmen, Miranda. Ihr werdet schon erfahren, was es mit dem Vogel auf sich hatte.“
„Wollt ihr mir dann wenigstens den Namen des Vogels verraten?“
Er hob seinen Kopf.

*

Nach einigen Tagen hatte sich Red vollkommen von seiner Verletzung erholt. Im Stillen verfluchte er den Goblin, der ihm das angetan hatte.
Die Familie, die den Bauernhof leitete, war ihm gegenüber sehr offen und freundlich gewesen. So entschloss er, sich an diesem Abend für ihre Gastfreundschaft zu revanchieren.
Er räusperte sich, woraufhin er die Aufmerksamkeit von Ryan, seinen Eltern und seinen beiden Schwestern auf sich zog, die mit ihm am Tisch saßen. „Ich bin euch zu Dank verpflichtet.“
Der Vater von Ryan, Bromar hieß er, antwortete ihm. „Du hättest dasselbe sicherlich auch für uns getan.“
Red wischte sich den Mund ab. „Ich werde noch einige Tage bleiben. Mir ist es sehr wichtig, meine Schulden zu begleichen.“
Bromar stutzte. „Ich weiß nicht so recht...“
Eine der beiden Schwestern von Ryan, von ihr wusste er mittlerweile, dass sie Marisa hieß, schaute ihren Vater an. „Vater! Nimm das Angebot an!“
Bromar blinzelte sie verwirrt an. „Warum?“
Marisa straffte sich und versuchte die passenden Worte zu finden. Für einen Moment glaubte Red, dass er in ihrem Gesicht eine Schüchternheit erkennen konnte, so als läge ihr sehr viel daran, dass er weiterhin bei ihnen bliebe. Sie kratzte sich an der Nase. „Naja, weil...“
Ryan half seiner Schwester aus. „Weil er ein guter Kämpfer ist. Er kann sich sicherlich um die Goblins kümmern, die sich in der Höhle hinter unserem Feld eingenistet haben.“
Bromar brummte. „Kannst Du denn mit einer Waffe umgehen?“
Red nickte. „Ich bin im Kampf mit der Einhandwaffe vertraut.“
Der Familienvater nickte. „Nun denn, wenn Du die Goblins loswerden kannst, dann sind Deine Schulden beglichen.“
Red und Marisa sprachen aus einem Munde, doch Marisa um einiges verwunderter: „Beglichen?“
Marisa stand auf. „Aber das hieße dann ja, dass es ihm frei stehen würde, zu gehen.“
Bromar musterte skeptisch seine Tochter. „Ja, das heißt es. Stimmt irgendwas nicht mit Dir, Mari?“
Sie fühlte sich ein weiteres Mal ertappt und setzte sich wieder. Innerlich hatte Red schon längst erkannt, dass Marisa, die auf dem Bauernhof als Magd arbeitete, sich in ihn verliebt hatte.
Red erhob sich und sank andächtig den Kopf. „Dann werde ich gleich morgen mich um das Goblin Problem kümmern.“
Mit diesen Worten verließ er das Esszimmer.

In seinem Zimmer angekommen, erwartete ihn der kleine lilane Vogel. Er zwitscherte fröhlich, als sich Red auf das Bett setzte.
Er flog auf seine Schulter und tobte sich auf der aus. „Du bist schon ein sonderbares Wesen...“
Entrüstet flatterte der Vogel ihm gegenüber auf die Kante des Stuhls.
Red schüttelte seinen Finger vor ihm hin und her. „Damit eines klar ist, ich werde Dich sicherlich nicht als mein Eigentum betrachten. Das bedeutet, dass ich Dich nicht in einem Käfig mit mir rumschleppen werden.“
Der Vogel legte seinen Kopf schief, als Red fortfuhr. „Also steht es Dir frei, ob Du mich morgen verlassen willst oder nicht. Du bist wieder gesundet.“ Er setzte seine Hand auf seinem Knie ab. „Also entweder Du fliegst morgen für immer davon oder Du wirst Dich damit anfreunden müssen, mit mir um die Welt zu reisen.“
Der Vogel flatterte ein paar mal mit den Flügeln, ehe er in die Lüfte stieg und auf seiner Schulter landete. Sein Schnabel schoss auf sein Ohr zu und piekte an ihm herum. Red kicherte.
„So zeigen Vögel uns ihre Zuneigung.“
Verblüfft sah er auf die Tür, in der Marisa stand. Sie lächelte ihm zu. „Der Vogel scheint Dich sehr zu lieben...“
Red blickte kurz auf den Vogel, der dann davon flog. „Ich habe ihn vor den Tod gerettet.“
„Darf ich reinkommen?“
Er schluckte. Es war abzusehen, was sie von ihm wollte. Um diese Uhrzeit jemanden um banale Dinge zu fragen, zählte sicherlich nicht dazu.
Schließlich nickte er, woraufhin sie eintrat. „Wirst Du uns wieder verlassen?“
Red wollte, dass dies keine Diskussion wird. Er wusste, dass sie von ihm mehr wollte, als nur ein einfaches Gespräch zu führen. Während sie sich um ihn bemühte, fehlte Red jegliches Interesse an ihr.
Er quittierte die Frage mit einem einfachen „Ja“.
Traurig sah Marisa auf ihre Füße. „Verstehe...“
Beinahe hätte Red Mitleid mit ihr gehabt, dass sie nicht einmal versuchte, zu widersprechen. Stattdessen deutete sie auf den Vogel. „Hat er eigentlich einen Namen?“
Red blickte auf den Vogel und dachte einen Moment nach. Nein, er hatte wirklich keinen Namen. In einem tiefen inneren Wunsch, wollte er ihm einen geben. Er spürte den forschenden Blick des Vogels auf seinen ruhen und sagte dann: „Sie heißt Violett.“
„Violett?“
Red nickte. „Ja. Aber ich nenne sie auch einfach nur Vi.“ Er wandte sich ihr zu. „Nicht wahr, Vi?“
Wie kam er eigentlich darauf, dass er eine sie war, fragte er sich, als der Vogel fröhlich auf seine Schulter flatterte und wieder an seinem Ohrläppchen pickte.
Marisa ballte ihre Fäuste. „Ich...“
Red sah zu ihr und erkannte, wie sie anfing zu zittern, so als sammele sie ihren ganzen Mut zusammen. Nach einigen Augenblicken, legte Red vorsichtshalber seine Hand auf ihre Schulter und spürte dabei ihre Anspannung. „Hey, alles in Ordnung?“
Sie biss sich auf die Lippe und erhob sich unvermittelt. „Nein, es ist gar nichts.“
Mit diesen Worten wandte sie sich zum Gehen ab. Als sie im Türrahmen stand, ergriff Red das Wort. „Eine mir sehr nahestehende Person sagte mir einmal, dass man vieles leugnen kann.“ Sie hielt im Türrahmen inne. „Doch nicht sein Herz.“
Einen Moment blieb sie dort stehen, dann blickte sie zu Red und dieser konnte in ihren Augen Tränen erkennen. „Möge Innis Dich schützen.“


"Wie hätte ich jemals wieder nach Hause zurückkehren können? Dein Vater wurde gefangengenommen und alle ehrbaren und aufrichtigen Krieger Pheraes starben in dem Versuch, ihn zu beschützen... alle, außer mir."
~ Harken


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