Zwielicht

Er hielt ihr galant die Tür auf und schloss sie hinter sich als sie eingetreten war. Er lehnte gegen die Tür und musterte sie. "Wenn das was du sagst stimmt, dann müssten in der Zeit Sonne und Mond am Himmel stehen." Tilina nickte nur und konnte dabei eine Spur von Traurigkeit nicht verbergen. "Was hast du?" fragte der Erzengel, dem dies nicht entgangen war. "Nichts.... ich kann euch davon nichts erzählen. Es würde die Zeit zu sehr beeinflussen und..." Sie wollte weiter sprechen, als ein Engel in die Kammer stürzte. "Verzeiht! ABER ihr werdet verlangt Mylord!"

"Was ist los? Warum stört ihr mich in meinen Gemächern?", fragte Kirin etwas überrumpelt, aber die Engel, welche grosse Speere mit sich führten, schüttelten nur den Kopf. Dies war genug für Kirin. Hastig verliess er den Raum und ging den Korridor entlang. Tilina, die nun etwas verwirrter war, folgte ihm sogleich. "Was ist denn los?", fragte sie ihn neugierig und bemüht, mit ihm Schritt zu halten.
"Solltet Ihr eigentlich wissen, Zeitreisende", meinte Kirin nur etwas spöttisch und sogleich waren sie wieder im Erdgeschoss. Kirin verliess den Palast und trat auf einen grossen Platz. Tilina folgte ihm mit etwas Abstand und verstand sogleich warum die Engel derartig aufgeregt waren.

Mitten auf dem Platz stand Yzria. Tilina erkannte die stolze Kriegerin sofort, jedoch fiel ihr etwas auf. Sie trug die heilige Klinge noch nicht, sprich dieses Treffen geschah vor dem Fund. "Was willst du hier?" fragte Kirin mit stolzer und erhabener Stimme. Die Kriegerin winkte nur genervt ab. "Gebe dich nicht als Größer aus als du bist." Ein erzürntes Raunen ging durch die umstehenden Engel, denn sie zeigte dem Erzengel keinen Respekt. Kirin brachte die anderen mit einer Handbewegung zum Schweigen und die junge Menschenfrau sah, dass ein Lächeln seine Lippen umspielte. "Verzeiht holde Kriegerin. Ich vergaß, dass ihr aus edlem Hause seit. Was verschafft uns die große Ehre eures Besuches?" Tilina sah verwundert zu dem Erzengel. So kannte sie ihn gar nicht. Sie hatte nicht mal geahnt, dass Kirin überhaupt zu so einem Sarkasmus fähig war.

"Nun, hochwohlgeborener Herr, Ihr wisst genau, weshalb ich mich genötigt sehe Euch zu besuchen", antwortete Yzria wütend und deutete mit ihrer Klinge auf den Erzengel.
"Ihr habt mir etwas gestohlen, dass Euch nicht zusteht!", rief sie empört und die Engel um sie herum begannen zu tuscheln.
"Gestohlen? Aber meine Liebe, ich würde es niemals wagen, Dinge zu entwenden, die für Euch von Wert sind", lächelte Kirin unschuldig.
"Lügt nicht! Ich weiss, dass Ihr das heilige Amulett unseres Clans gestohlen habt!", beschuldigte ihn Yzria. "Ah... Dieses Amulett gehört nicht Eurem Clan, Euer Köpfchen scheint Euch einen kleinen Streich zu spielen", antwortete Kirin mit einem sehr höflichen Ton.
Yzria schien bald die Geduld auszugehen.

Tilina sah zwischen den beiden Engel hin und her. Was ging hier ab? Aber letztendlich verwunderte es sie nicht wirklich. Kirin sprach nicht über diese Zeit. Ob es an Yzria lag? Oder an der Tatsache, dass dies eine Zeit war, wo es nur Streitereien zwischen Engel gab? Der Erzengel trat auf die Kriegerin zu. "ihr solltet nicht so vorlaut sein. Wie ich sehe, habt ihr auch noch nicht die heilige Klinge gefunden; War dies nur eine Ausrede? Oder habt ihr schon aufgegeben?" Ehe einer reagieren konnte, fing er sich eine Ohrfeige ein. Yzria drehte sich um und ging. "Ich werde es finden und wenn ich es gefunden habe, werdet ihr nicht mehr so Hochnäsig sein!"

Kirin lachte hämisch. "Als ob Ihr es zustande bringen würdet die heilige Klinge zu finden", rief er ihr hinterher, aber Yzria ignorierte ihn und flatterte mitsamt Gefolgte weg. Sie würde sich aber wohl rächen wollen.
Tilina blickte noch etwas ungläubig umher und sah wie Yzria immer kleiner wurde am Horizont. Wie um alles in den Welten würden diese beiden jemals heiraten und gar Kinder haben können? Vielleicht, so schätzte Tilina, stand ein für beide Engel prägendes Ereignis noch bevor.
Kirin wandte sich nun um und wollte wieder in den Palast gehen. Auch die schaulustigen Engel hatten sich bereits abgewandt und verliessen den Platz.

Tilina wartete bis sie mit Kirin wieder allein war. "Sag mal Kirin... wird man als Erzengel geboren oder wird man erst später dazu?" sie wusste, dass diese Frage dumm klang aber sie wollte es wissen und sie wusste, dass der Erzengel aus der Zukunft ihr diese Frage nicht beantworten würde. Der Erzengel, der nun vor ihr stand, musterte sie verwundert. "Wie kommt es dass du es dies nicht weißt? Ich dachte du kommst aus der Zukunft."
"Tu ich auch..." Sie sah betroffen zu Boden. "Aber du bist in der Zukunft recht verschlossen..." Kirin sah sie verblüfft an.

"Ist das so?", hakte er nach, aber Tilina ging nicht weiter darauf ein. Kirin schüttelte nur den Kopf. "Es ist etwas beides. Du wirst als Erzenger bereits bei deiner Geburt erwählt, musst aber Prüfungen bestehen um die wahre Mächte des Erzengels zu erlangen", erkärte er ihr ruhig.

"Sind Erzengel wirklich unsterblich? Dein zukünftiges Ich meinte zu mir, dass ein Engel stirbt wenn er im Kampf getötet wird... aber gleichzeitig widersprach dies die Natur des Erzengels." Tilina wusste selbst nicht woher sie den Mut nahm all diese Fragen zu stellen aber sie tat es. Vielleicht weil sie das Gefühl hatte, dass dies ihr helfen würde ihren Kirin zu verstehen und besser auf sein Verhalten reagieren zu können.

Kirin blickte sie nun wieder etwas skeptischer an. "Nun... In der Tat sind Erzengel unsterblich, selbst wenn sie im Kampfe fallen sollten, werden sie weiterleben. Erzengel wandeln bis zum Ende der Zeit in den Welten, sehen, wie alle, die sie lieben, verschwinden bis das Ende jeglicher Existenz sie schliesslich erlöst. Als Wächter der Welten sind die Erzengel als einzige Lebewesen zur Unsterblichkeit verdammt", erklärte Kirin nachdenklich.